bernd mönkebüscher

„wer liebt, sündigt nicht“

„Wer schläft, sündigt nicht“ lautet ein Sprichwort.
Ich kann mich noch gut erinnern, dass es früher immer,
wenn ein Gewitter heraufzog, hieß:
„Den Schläfer lässt Gott schlafen, den Fresser wird er strafen.“
Ein Gewitter wurde als Ausdruck des Zornes Gottes verstanden,
geschickt um Sünder zu bestrafen.
Der Schläfer konnte nicht sündigen,
da er sich im Schlaf in Gottes Hand befand, war er geschützt.
Völlerei galt (gilt) als Sünde, weshalb der Fresser bestraft werden musste.

Ich glaube, man kann das Wort „schlafen“ auch durch „lieben“ ersetzen.
Wer liebt, sündigt nicht.
„Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses“
heißt es im Römerbrief der Bibel.

Ich wünsche uns religiöse Gemeinschaften,
die in diesem Sinn leben,
die nicht nur in Worten die Liebe hochhalten, sondern auch in der Tat.
Ich wünsche uns religiöse Gemeinschaften,
die die Sprache des Herzens sprechen, nicht des Gesetzes,
die den jeweiligen Menschen in den Blick nehmen
und ihn höher einschätzen als jedes Gesetz.
Der Mensch steht über dem Sabbat.

„Liebe, und tue, was du willst“
wird als ein Wort des hl. Augustinus überliefert.
Wir brauchen Ermutigungen zur Liebe – dass sie sich lohnt.
Ermutigung zur Selbstliebe: Du bist gewollt,
es hat Sinn, dass du bist und wie du bist.
Wie schwer gestalten sich mitunter unsere Beziehungen,
wenn wir uns selbst nicht annehmen und lieben können.
Ebenso umgekehrt:
wie soll ein Mensch (sich) lieben lernen,
wenn er kaum eine Erfahrung von Liebe macht,
wenn ihm signalisiert wird: so, wie du fühlst, ist es falsch, nicht normal…

Nur die Liebe lohnt sich.
Sie macht die Erde bewohnbar, sie ermöglicht Leben.
Liebe hat viele Spielarten: die erotische, die alltägliche, die selbstlose…
Und vielleicht – ganz bestimmt – hängen alle zusammen.

Wie kühn, aber es ist ein Wort der Bibel:
Gott ist die Liebe.

Meine Kirche, in der und für die ich als katholischer Priester arbeite,
hat ein gespaltenes Verhältnis zu Liebe.
Einerseits unterhält sie sogenannte Hilfswerke,
die – der christlichen Nächstenliebe verpflichtet –
Gelder und Engagement sammeln und bereitstellen.
Andererseits sieht sie den Platz von sexueller Liebe nur in der Ehe
und damit im Miteinander von Frau und Mann.
Ich glaube, sie wird damit dem Menschen nicht gerecht.
Die wenigsten verstehen diese Sichtweise,
geschweige denn, dass sie sich danach richten.
Und ältere Menschen haben darunter gelitten,
Höllenängste ausgestanden, wenn ihnen nach sexueller Liebe war,
und wenn sie sie gesucht und gelebt haben.

Auch deswegen habe ich ein Buch geschrieben:
„Un-verschämt katholisch sein“,
weil ich glaube, für die Liebe und das Leben von Liebe
muss sich niemand schämen, im Gegenteil.
Und ich finde, wir sind gerufen, einander zu helfen,
liebevolle Wege zu finden und zu gehen.

Gefällt euch, was ihr lest? Bernd Mönkebüscher hat dazu noch mehr Worte gefunden.
Sein Buch “Un-verschämt katholisch sein” findet ihr hier.