meli & memo

“Die eigentlich recht gute Beziehung und Bindung zu meinen Eltern leidet enorm darunter, dass ich mein Glück mit ihnen nicht teilen kann.”

Unsere Story in Worte zu fassen ist schwieriger, als ich gedacht hatte. Wenn ich ihn ansehe, geht mir so unendlich viel durch meinen Kopf und noch viel mehr durch mein Herz. Doch sobald das Papier vor mir liegt, fehlen mir die Worte. Es gibt so vieles, das ich sagen möchte und fürchte, dass meine Worte niemals ausreichen werden, um unsere Liebe zu beschreiben.

Zugeben, war ich anfangs etwas unsicher, da meine letzte interkulturelle Beziehung nicht sonderlich gut verlief. Zudem ermahnten mich auch ein paar meiner Freunde zur Vorsicht. Ja, um ehrlich zu sein, mussten zu Beginn von beiden Seiten – insbesondere von meiner – einige Vorurteile abgebaut werden. Während er befürchtete, ich würde ihn für ein bisschen Spaß nur ausnutzen, mir aber aufgrund seines Status und seiner Hautfarbe keine ernsthafte Beziehung mit ihm vorstellen könnte, hatte ich andere Bedenken. Ich fürchtete, die Probleme und all der Stress meiner letzten interkulturellen Beziehung könnten sich wiederholen. Und trotz dieser Sorgen war der Wunsch, ein Fundament für unsere Beziehung aufzubauen stärker. Viel stärker. Wer weiß schon, was die Zukunft bringt? Wer weiß schon, ob die Probleme letztendlich überwiegen oder doch überwunden werden können? Ich fragte ihn immer was er denn über dies und jenes Thema denken würde, nach seiner Meinung zu allen möglichen Dingen, zu seinen Ansichten über die Liebe, die Welt und ein mögliches Miteinander. Obwohl mich stets ein Gefühl von Scham bei meiner Ausfragerei begleitete, empfand ich es als wichtig, gleich zu Beginn mit offenen Karten zu spielen. Ich wollte alles über ihn wissen und er sollte alles über mich wissen – so vermeidet man böse Überraschungen. Und je besser wir uns kannten und kennenlernten, desto mehr spürte ich, wie gut wir miteinander harmonierten und wie unbegründet diese anfängliche Angst war.

Er ist in Mali aufgewachsen, ich in Deutschland. Meine Wurzeln sind Türkisch, wir sind beide muslimisch. Trotz derselben Religion unterscheiden sich unsere Kulturen. In vielen Punkten denken wir jedoch ähnlich und wenn wir uns mal nicht so einig sind,  ist es für uns wichtiger, den anderen zu verstehen, als den eigenen Standpunkt durchzusetzen. Kommunikation, Geduld und Respekt sind hier der Schlüssel für eine harmonische Beziehung. Bei uns gibt es keine ungleichen Machtverhältnisse oder gar eine Rollenverteilung. Haushaltsarbeit wird geteilt oder es übernimmt die Person, die gerade mehr Zeit dazu hat. Wenn ich mit Prüfungen beschäftigt bin, übernimmt er ganz selbstverständlich das Kochen und Aufräumen. Wenn ich freihabe und er arbeiten muss, sorge ich dafür, dass abends was Leckeres auf dem Tisch steht. Falls einen etwas an dem anderen stört, spricht man darüber und sucht nach einer Lösung, die für beide in Ordnung ist, statt Forderungen zu stellen. Jeder von uns hat seine Freiheiten und anstatt sich gegenseitig einzuschränken, unterstützen und motivieren wir uns gegenseitig. Selbstverständlich erleben wir hin und wieder auch unangenehme Situationen. Die ergeben sich meistens aufgrund unserer Herkunft. Da wären einmal ein paar meiner Familienmitglieder, die mit der Beziehung alles andere als einverstanden sind. Dann Witze darüber, dass das Ziel der Beziehung der deutsche Pass wäre und insbesondere an ihn gerichtete Beleidigungen, allen voran das immer wiederkehrende N-Wort. Auf offener Straße. Das verletzt. Uns beide.

Die eigentlich recht gute Beziehung und Bindung zu meinen Eltern leidet enorm darunter, dass ich mein Glück mit ihnen nicht teilen kann. Es gar vor ihnen verheimlichen muss. Ihn verheimlichen muss. Ich versuche die Sicht meiner Eltern und ihre damit zusammenhängende Entscheidung zu verstehen. Obwohl sie meinen Freund nicht akzeptieren, möchte ich ihnen das Gefühl geben, dass ich sie liebe und weiß, dass sie vermutlich nur das Beste für mich wollen. Dennoch stimmt es mich oftmals traurig, ihn nicht immer mit in meine Welt nehmen zu können. Meiner Meinung nach, hat jeder Mensch eine Chance verdient. Schließlich sagt selbst der Koran, an den ich, Memo und auch meine Eltern glauben in Sure 49,13: »Wir machten euch zu Völkern und Stämmen, damit ihr einander kennenlernt.« Was also, wenn man sich die Chance auf eine wunderbare Begegnung und eine daraus resultierende Freundschaft oder Liebe verbaut, weil man so von Vorurteilen zerfressen ist? Ich hoffe sehr, dass sich das in Zukunft ändert und die Menschen lernen, offener aufeinander zuzugehen. Ich wünsche mir eine Zukunft, in der es nur zählt, dass man miteinander glücklich ist, in der man respektiert, in der man liebt. Egal, welche Hautfarbe, welche Herkunft oder welche Religion unser Gegenüber hat.

Eine Religion, zwei Kulturen: Aufgrund von Vorurteilen und konventionellen Denkweisen sind Melis Eltern nicht bereit, Melis Beziehung mit Memo zu akzeptieren. Dies schreckt die Beiden jedoch nicht, zueinander zu stehen.